Die Latarjet-Operation kann ein definitiver Weg sein, um eine chronische Instabilität mit oder ohne wiederholte Auskugelungen der Schulter bei Kletterern zu beheben. Ein wissenschaftlicher Bericht aus dem Jahr 2020, der die Erfolgsquote der Latarjet-Operation untersuchte, ergab, dass nur 0-12 % der Patienten 10 Jahre nach der Operation eine erneute Instabilität aufweisen. Trotzdem solltest du nie eine Operation in Betracht ziehen, bevor du nicht 6-12 Monate lang eine konservative Behandlung ausprobiert hast.
In diesem Artikel erfahrst du, wie ein Latarjet Operation durchgeführt wird, wie die Reha aussieht und ob es die richtige Behandlung für deine Schulter ist.
Los geht’s!
1. Wie wird die Latarjet-Chirurgie durchgeführt?
Die Latarjet-Chirurgie ist eine chirurgische Technik, die hilft, Schulterluxationen/Instabilitäten zu verhindern. Die Technik wurde 1954 von dem Franzosen Dr. Michel Latarjet entwickelt. Diese Art der Operation wird in der Regel mit einer „offenen“ Technik durchgeführt. Das bedeutet, dass an der Vorderseite der Schulter ein Einschnitt von etwa 10-15 Zentimetern vorgenommen wird. Dann wird die Spitze des Processus coracoideus abgetrennt (abgesägt) und an die Vorderseite des Glenoids fest geschraubt. Dies ist der vordere Teil der Schulterpfanne und die Stelle, an der es am häufigsten zu Schulterluxationen kommt.
3 Muskeln haben ihren Ursprung am Processus coracoideus. Dies sind die:
- Coracobrachialis
- Der kurze Kopf des Bizeps
- Pectoralis minor
Das heißt, wenn du die Lage des Processus coracoideus veränderst, veränderst du auch die Lage und Funktion der Muskeln. Der Pectoralis Minor wird komplett durchtrennt, sodass du diesen Muskel nach der Operation nicht mehr hast. Die verbleibenden zwei Muskeln und Sehnen erzeugen einen „Doppelschlingen“-Effekt um den vorderen Teil deines Schultergelenks. Dadurch wird die vordere Stabilität deiner Schulter gewährleistet.
2. Wie sieht die Rehabilitation nach einer Latarjet-Operation aus?
Die Reha nach Latarjet beginnt am Tag nach deiner Operation. Du werdest gebeten, eine Schlinge zu tragen und deine Schulter 6 Wochen lang nicht zu belasten oder zu bewegen. Du kannst das Risiko dauerhafter negativer Folgen der Operation verringern, indem du dich strikt an die Bewegungseinschränkungen haltest, die dich dein Chirurg für diesen Zeitraum verordnet. Normalerweise darfst deinen Arm mit Hilfe der gesunden Seite bis auf Schulterhöhe heben und kannst ihn auf ähnliche Weise nach außen rotieren, wenn er schmerzfrei ist.
Diese Einschränkungen sind notwendig, um sicherzustellen, dass die Spitze des Processus coracoideus, die nun an der Vorderseite des Glenoids angeschraubt ist, gut zusammenwächst. Je besser die knöcherne Verbindung ist, desto stabiler ist dein Gelenk. In seltenen Fällen verwächst der Processus coracoideus nicht mit dem Glenoid. Dies kann jedoch stabil sein und ist sollte dich nicht beunruhigen.
Sobald du die ersten 6 Wochen überstanden hast, erlaubt dich dein Chirurg in der Regel, deine Schulter wieder frei zu bewegen, während du nach 10-12 Wochen mit einer Art von Krafttraining beginnen können. Ich denke, es ist immer wichtig, daran zu denken, dass diese ersten 6 Wochen des Tragens einer Schlinge nicht nur für die richtige Heilung notwendig sind, sondern auch der Grund dafür sind, dass deine Schulter danach supersteif sein wird.
Das kann frustrierend und beunruhigend sein, wenn du so leidenschaftlich gerne kletterst. Wenn du deine Reha jedoch Schritt für Schritt durchführst, erzielst du die besten Ergebnisse.
Die großen Linien deiner Reha sehen dann etwa so aus:
- 0-6 Wochen: Trage eine Schlinge und reduziere aktive Bewegungen in der Schulter auf der operierten Seite. Bewege deinee Schulter häufig passiv mit Hilfe deines gesunden Arms oder mit der Unterstützung eines Physiotherapeuten. Ich empfehle dich, es in den ersten 2 Wochen ganz ruhig angehen zu lassen und dann langsam mit dem Training für alles zu beginnen, was nicht von der Operation betroffen ist. Das bedeutet, dass du deine Beine, die Rumpf und die gegenüberliegende obere Extremität trainieren kannst. Du solltest auch dein Schulterblatt, den Ellbogen, das Handgelenk und die Finger auf der operierten Seite häufig bewegen. Mache lange Spaziergänge und fahre auf einem stationären Fahrrad, um dein Herz-Kreislauf zu trainieren.
- 6-12 Wochen: voller Bewegungsumfang erlaubt. Allerdings kannst du den Schulter noch gar nicht so weit bewegen. Deine Schulter wird wahrscheinlich steif wie ein Ziegelstein sein und viel Bewegung, leichtes Dehnen und unterstützte Bewegungsübungen benötigen, um ihre Beweglichkeit wiederzuerlangen. Mach all dies, während du weiterhin alles trainierst, was du zuvor trainiert hast.
- 12 Wochen+: Du kannst mit dem Krafttraining beginnen und solltest es in allen Bewegungsrichtungen der Schulter durchführen, aber immer mit guter Qualität. Achte darauf, dass du beim Üben keine Kompensationsmechanismen aufgrund von Schwäche oder mangelnder Beweglichkeit entwickelst. Dies solltest du unbedingt vermeiden, indem du immer die richtige Ausführung übst.
- 16 Wochen: der früheste Zeitpunkt, an dem du zum superleichten Klettern an großen Henkeln zurückkehren kannst. Wenn es dich an Beweglichkeit und/oder Kraft mangelt, könnte dieser Moment später kommen.
- Ab der 16. Woche: Fortführung des Krafttrainings und des kletterspezifischen Trainings, um dich optimal auf dein Rottpunkt Kletterniveau vorzubereiten. Dies wird weitere 2-5 Monate dauern.
3. Wie wird sich eine Latarjet Operation auf dein Klettern auswirken?
Eine Latarjet-Operation wird dich für mindestens 4 Monate vom Klettern abhalten. Danach ist eine langsame Rückkehr zu deiner vorherigen Kletterstufe möglich. Dennoch kann es sein, dass du eine anhaltende Steifheit bemerkst und die operierte Schulter schwächer bleibt.
Die 2 wahrscheinlichsten Gründe dafür, dass du anhaltende negative Folgen des Eingriffs erleben werden, sind, wenn überhaupt, folgende:
- Suboptimale Positionierung des Processus coracoideus auf dem Glenoid
- Suboptimale Reha
Glücklicherweise kannst du beides beeinflussen. Erstens, indem du einen erfahrenen Chirurgen wählst, der die Latarjet Eingriff schon oft durchgeführt hat, und zweitens, indem du dich viel Zeit für deine Reha nimmst. Denn eine gute Reha ist ein echter Spitzensport. Je mehr du es auf diese Weise behandelst, desto besser werden deine Ergebnisse sein.
Außerdem könnte die Tatsache, dass du operiert wurdest, dazu führen, dass du ein anderes Verhältnis zu deiner Schulter hast. Diese Schulter ist nun deine „schwache“, „gebrochene“, „schmerzhafte“ oder „beschädigte“ Schulter. Wie wahr das auch sein mag, es wird dich nicht helfen, sorgenfrei zu klettern. Die Auseinandersetzung mit diesen Gefühlen und Unsicherheiten während der Reha ist ebenso wichtig wie die Durchführung der Übungen. Je sicherer du dich über deiner Schulter fühlst, desto natürlicher werdest du dich bewegen und desto unwahrscheinlicher werden negative Folgen sein. Und ehe du dich versiehst, hast du vergessen, auf welcher Seite du operiert hast.
4. Solltest du eine Latarjet-Operation durchführen lassen?
Wenn du immer wiederkehrende Schulterverrenkungen hast, unter 30-35 Jahre alt bist und leistungsorientiert klettern möchtest, könnte eine Latarjet-Operation eine Option sein. Versuche aber immer zuerst eine konservative Behandlung. Widme dich sicher für 6-12 Monate lang ganz der Sache, um die richtige Entscheidung treffen zu können.
Das Latarjet-Verfahren ist immer noch ein chirurgischer Eingriff mit all seinen Risiken. Hier sind einige zu beachten:
- Infektion aufgrund einer Operation
- Erhöhtes Risiko einer Arthrose in der Schulter, was noch wahrscheinlicher ist, wenn der Processus coracoideus über der Gelenkfläche liegt. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Arthrose steigt bei wiederholten Verrenkungen.
- Instabile nicht Verheilung von das Processus Coracoideus auf das Glenoid, d.h. fehlgeschlagene Operation
- Bis zu 12% Wahrscheinlichkeit einer wiederkehrenden Instabilität innerhalb von 10 Jahren nach der Operation
Die Wahrscheinlichkeit einer Luxation nach einem Latarjet ist jedoch äußerst gering. Daher ist der Latarjet, wenn er von einem erfahrenen Chirurgen durchgeführt wird, der den Processus coracoideus an der richtigen Stelle verschraubt (hier geht es um Millimeter, vielleicht auch weniger), ein guter Eingriff.
Wenn Sie älter als 35 Jahre sind, ist Ihr Gewebe wahrscheinlich steifer; daher sind wiederholte Schulterverrenkungen weniger schädlich. Wenn du jedoch eine konservative Behandlung versucht hast und nicht so klettern kannst, wie du es dich wünscht, könntest du dich ein Latarjet Eingriff überlegen.