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Was ist die häufigste Schulterinstabilität?

Die häufigste Instabilität des Schultergelenks ist die akut erworbene Instabilität. Das bedeutet, dass ein Unfall dazu führt, dass deine Schulter entweder subluxiert oder vollständig luxiert. Der Unfall beschädigt die Kapsel und die Bänder, die die Bewegungen im Schultergelenk limitieren. Die häufigste Verrenkungsrichtung ist vorwärts, was zu einer anterioren Schulterinstabilität führt. Neben der akuten Instabilität gibt es 2 weitere Mechanismen, die eine Schulterinstabilität verursachen können.

In diesem Artikel erkläre ich, warum die Schulter normalerweise nach vorne auskugelt, welche 3 Arten von Mechanismen dem zugrunde liegen und wie du als Kletterer mit einer Schulterinstabilität umgehen kannst.

Los geht’s!

1. Anatomie des Schultergelenks

Das Schultergelenk, auch Glenohumeralgelenk genannt, ist ein Kugel- und Pfannengelenk. Die Gelenkpfanne (Glenoid) befindet sich an der Seite des Schulterblatts und die Kugel ist der Kopf des Oberarmknochens (Humerus), deines Oberarms. Die Gelenkpfanne des Schulterblatts ist flach und mit Knorpel überzogen. Dies ist ein sanftere Art Knochen, die den darunter liegenden Knochen schützt und als Stoßdämpfer dient. Um den Rand des Schultergelenks herum befindet sich ein zusätzlicher Knorpelrand, das Labrum. Diese Schicht verleiht dem Schultergelenk extra Stabilität.

Da das Glenoid flach ist, kannst du die Schulter so frei bewegen. Der Nachteil ist, dass es anfällig für Stabilitätsprobleme ist, wenn es nicht so funktioniert, wie es sollte. Das ist zum Beispiel bei der Hüfte anders, wo die Hüftpfanne tief ist und somit viel Stabilität bietet.

Knochen des Schultergelenks
Das Labrum im Schultergelenk [Bild nach: THIEME Atlas der Anatomie [Gen. Anat., Musculoskel. Sys.] – M. Schuenke, et. al., (Thieme, 2010)]

Neben dem Labrum gibt es mehrere Bänder, die zur passiven Stabilität des Schultergelenks beitragen. Die aktive Stabilität kommt von den Muskeln der Rotatorenmanschette, dem Supraspinatus, Infraspinatus, Teres Minor und Subscapularis. Diese 4 Muskeln arbeiten eng zusammen, um den Oberarmknochen während der Bewegung auf dem Glenoid zu zentrieren. Je besser diese Muskeln ihre Aufgabe erfüllen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du eine Instabilität bemerkst.

Muskeln der Rotatorenmanschette
Rotatorenmanschettenmuskeln des Schultergelenks [Abbildung nach: THIEME Atlas der Anatomie [Gen. Anat., Musculoskel. Sys.] – M. Schuenke, et. al., (Thieme, 2010)]

Bevor wir uns mit den Mechanismen der Schulterinstabilität befassen, solltest du wissen, was genau eine Schulterinstabilität ist.

2. Was ist eine Schulterinstabilität?

Von Schulterinstabilität spricht man, wenn die Laxheit des Schultergelenks Symptome verursacht:

  • Ein instabiles Gefühl in bestimmten Positionen
  • Ein Gefühl der Schwäche im Schultergelenk entweder allgemein oder in bestimmten Positionen
  • Angst, bestimmte Positionen einzunehmen
  • (Sub)Luxation des Humerus mit oder ohne tatsächliches Trauma

3. Mechanismen der Instabilität

Es gibt 3 Mechanismen der Schulterinstabilität:

  1. Eine traumatische Schulterinstabilität ist auf einen Unfall zurückzuführen, bei dem du deine Schulter (sub)luxiert hast und dabei den Oberarmknochen, das Labrum, die Bänder, Muskeln und/oder Sehnen beschädigt hat. Zum Beispiel die Hill-Sachs-Läsion (Schädigung des Oberarmkopfes) und die Bankart-Läsion (Schädigung des Labrums).
  2. Nicht-traumatische Schulterinstabilität wird auch als multidirektionale Instabilität (MDI) bezeichnet und kann entweder angeboren oder erworben sein, was bedeutet, dass eine oder beide Schultern laxe passive Strukturen aufweisen. Dies kann angeboren sein, oder bei Überkopfsportlern wie Kletterer und Schwimmern ist die Laxheit des Schultergelenks das Ergebnis wiederholter Überkopfbewegungen.
  3. Die funktionelle Schulterinstabilität (FSI) ist eine Störung in der Koordination der Muskeln, die das Schultergelenk stabilisieren.

4. Risikofaktoren für das Entstehen einer Schulterinstabilität

Es gibt mehrere Risikofaktoren für eine Schulterinstabilität:

  • Kontakt/Overhead-Sportarten
  • Schwäche der Rotatorenmanschette
  • Angeborenes Schulter- oder generalisierte Gelenklaxität
  • Monotones Training (als Kletterer bedeutet dies, dass du nichts anderes machst als Klettern und/oder Bouldern)
  • Frühere Schulter(sub)luxationen
  • Jüngeres Alter (Kinder/Jugendliche haben mehr elastisches Gewebe als Menschen über 30-35)

5. Warum ist die anteriore Schulterinstabilität am häufigsten?

Um zu verstehen, warum die vordere Schulterinstabilität die häufigste ist, solltest du verstehen, wie das Schultergelenk funktioniert: Wenn du deine Schulter nach außen drehst, gleitet der Oberarmkopf nach vorne. Dies wird jedoch durch die Strukturen an der Vorderseite der Schulter eingeschränkt, so dass der Oberarmknochen immer so zentral wie möglich auf dem Glenoid bleibt. Dies gewährleistet optimale Stabilität und Mobilität. Das Problem ist aber, dass wir bei den meisten unserer Aktivitäten den Arm abduziert und nach außen gedreht halten, während das Schultergelenk, wie ich bereits erwähnt habe, keine inhärente Stabilität aufweist. Das Ergebnis ist, dass sich deine Schulter fast immer in die Richtung luxiert, in der sie sich am meisten bewegt.

Dies wird durch die Statistiken über Schulter(sub)luxationen bestätigt. Anteriore Luxationen und Subluxationen des Schultergelenks machen 98% der Fälle aus, während posteriore Luxationen nur in 2% der Unfälle vorkommen.[1]

Bei Kletterern sind plötzliche ruckartige Bewegungen der häufigste Grund für eine akute Schulterinstabilität. Beispiele hierfür sind:

  • Abrutschen von einem Standbein, das einen plötzlichen Zug auf deine Schulter verursacht
  • Wenn du deine Hand in Außenrotation hinter deinen Körper liegst und viel Druck auf den Arm ausübst
  • Wenn du deine Hand in Außenrotation bringst, während du den Arm um 90 Grad oder mehr abduziert hast und viel Druck auf den Arm ausübst

6. Schulterinstabilität bei Felskletterern

Selbst wenn du noch nie einen Unfall mit deiner Schulter hattest, ist es wahrscheinlich, dass du als Kletterer zumindest bis zu einem gewissen Grad eine allgemeine Laxheit des Schultergelenks hast, die auf die wiederholten Überkopfbewegungen zurückzuführen ist.

Die meisten Kletterer schaffen es trotz fehlender Brustwirbelsäule Streckung, ihre Arme gut über den Kopf zu bringen. Dabei handelt es sich um die übertriebene Kyphose (Rundung) der Brustwirbelsäule und den durch häufiges schweres Ziehen nach vorne gezogen Schultergürtel. Diese ausgeprägte Kyphose verhindert die notwendige Streckung der Brustwirbelsäule, um deinem Arm über Kopf zu heben. Wenn deine Schultergelenke jedoch flexibler sind, kannst du die mangelnde Beweglichkeit deines Rückens ausgleichen.

Der Nachteil einer laxen Schulter ist, dass der Oberarmkopf mit größerer Wahrscheinlichkeit nach vorne im Schultergelenk positioniert wird. Das macht das Gelenk weniger stabil und damit anfälliger für akute Verletzungen.

translation of humeral head in shoulder joint
Translation of humeral head in shoulder joint (Adapted from Rockwood CA, et al: The shoulder, ed 4, Philadelphia, 2010, Saunders.)

[1] Walton, J., Paxinos, A., Tzannes, A., Callanan, M., Hayes, K., & C Murrell, G. A. (2002). The Unstable Shoulder in the Adolescent Athlete. In THE AMERICAN JOURNAL OF SPORTS MEDICINE (Vol. 30, Issue 5).

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